Wie jeden Sonntag bei schönem Wetter machen wir ein schönes Wandertürchen durch unsere Heimat „Das Ahrtal“.

 

Es ist das neue Ahrtal. Es sieht anders aus als früher.

 

Man erkennt noch, dass hier vor ein paar Jahren eine kräftige Naturgewalt gewütet hat.

 

An manchen Orten ist es jedoch schon schöner als jemals zuvor.

 

Wie mittlerweile jedes Jahr findet am 2. Sonntag im Juli das WeAhrFamily Fest statt. Auf der gesamten Rotweinwanderwegstrecke gibt es kulinarische Köstlichkeiten und besondere Event-Highlights für Jung und Alt. Auch wir wollen es heute besuchen. Wie die letzten 3 Jahre zuvor auch schon.

 

Vorher machen wir vom WildeAhr-Haus noch einen kleinen Abstecher an unser Ahrflüsschen. Liegt ja auf dem Weg.

 

Wir schlendern an der Ahr entlang und werfen Steine. So wie früher. Mit den Füßen kühlen wir uns im kleinen klaren Flussufer ab. Die Sonne brennt ganz schön.

 

Der ein oder andere Kanufahrer kommt auch an uns vorbeigefahren. Wie idyllisch!

 

Apollo fängt an zu bellen, da er in der Luft ein paar Paraglider entdeckt hat, die vom Skihang in Dernau gestartet sind. Die Paraglider mag er immer noch nicht.

 

Hubschrauber jucken ihn heute nicht mehr die Bohne. Daran hat er sich bei einer unumgänglichen „Schocktherapie“ vor ein paar Jahren gewöhnt.

 

Weiter Richtung Rotweinwanderweg stiefeln wir an unserem neuen Einkaufsladen in Rech vorbei. In jedem Ort an der Ahr gibt es jetzt einen kleinen Tante-Emma-Laden mit regionalen Produkten von den Bauern und Produzenten, die uns so sehr in der schwierigen Zeit unterstützt haben. Das Angebot wird von den Bürgern und Touristen sehr gut angenommen.

Ja, es gibt wieder Touristen im Dorf. Nach einem halben Jahr nach der Katastrophe sind die ersten Stammgäste wieder angereist, um Urlaub im Ahrtal zu machen.

 

Unterwegs zu unserer heutigen Wanderroute treffen wir auf einige Einheimische, die wir in den letzten Jahren so richtig kennengelernt haben. Früher lebte man Tür an Tür und hat gerade mal ein paar oberflächliche Worte gewechselt. Jetzt kennen wir uns richtig, weil wir gemeinsam die schwierige Zeit überstanden und uns gegenseitig geholfen haben.

 

Wir plaudern über das schöne Wetter und die Weinfeste, die in den nächsten Wochen stattfinden. Kostüme müssen noch genäht werden für den Recher Winzerfestumzug.

 

Die Weinfeste sehen mittlerweile anders aus. Was überhaupt nicht schlimm ist. Es gibt jetzt ein gemeinsames Weinfest in Altenahr, Mayschoss, Rech und Dernau, das über drei Wochen geht. So gibt es das Wetterrisiko nicht mehr und man unterstützt sich in den Orten bei der Organisation und Vermarktung gegenseitig. Eine Win-Win-Situation für Alle.

 

Gerade für wandernde Weinliebhaber ist das ideal. Der Rotweinwanderweg dient als Verbindung zwischen den Orten.

 

Für gehfaule Besucher gibt es auch eine Lösung. Denn: Auch unsere Ahrtalbahn fährt wieder regulär und bringt unsere Weinfestbesucher von A nach B. So wird ein richtiges Weinfest-Hopping geboten, das den Besuchern viel Abwechslung bietet.

 

Wir verstehen uns an der mittleren Ahr mittlerweile als eins. Denn nur gemeinsam sind wir stark. Jeder bringt seine Stärken ein und davon profitieren alle.

 

Über Kleinigkeiten wie „Wer bekommt den besten Standplatz?“, über die sich früher noch gestritten wurde, kann man heute nur schmunzeln.

 

Alle denken jetzt in Gemeinschaften und ziehen an einem Strang.

 

Man möchte sich weiterhin gegenseitig helfen. Das hat man gelernt. Damals vor vier Jahren.

 

Wir stiefeln langsam weiter in Rech auf den Rotweinwanderweg. Uns läuft schon das Wasser im Mund zusammen. Peter Schatz vom Weingut & Restaurant St. Nepomuk grillt oberhalb vom Recher Bahnhof Wildwürstchen und andere Köstlichkeiten. Da greifen wir direkt zu.

 

Wir schnappen uns noch einen schönen gekühlten Blanc de Noir vom Weingut Hostert und laufen weiter in Richtung Mayschoss den romantischen Weg – so wie wir ihn schon immer kennen und lieben!

 

Unsere Kinder sind mittlerweile 5 und 8 Jahre alt und sind natürlich auch dabei. Für sie haben wir allerdings nur Traubensaft im Gepäck.

 

Apollo, unsere Steirische Rauhaarbracke, begleitet uns auch. Früher haben wir ihn selten mit auf Feste genommen, da er nicht so partytauglich war. Mittlerweile ist er ein ruhiger Seniorhund, den wir gut überall mitnehmen können. Er ist jetzt schon 10 Jahre alt und bekannt wie ein „bunter Hund“.

 

Wir schauen vom Rotweinwanderweg auf unser schönes Weinörtchen Rech. Die Nepomukbrücke sehen wir direkt vor uns. Sie erstrahlt im neuen Glanz und ist für den heutigen Anlass besonders schön geschmückt worden. Wir sind alle so glücklich, dass sie wieder aufgebaut werden konnte.

 

Etwas dahinter können wir einen riesengroßen Kinder- und Jugendplatz mit tollen Spiel- und Sportmöglichkeiten erkennen. Der Platz wurde von Spendengeldern finanziert. Und natürlich durch unser aller Flaschenpfand. Wir erinnern uns noch daran als wir jede Flasche eifrig gesammelt und abgegeben haben. Wasser trinken für den guten Zweck.

 

Dieser neue Platz ist einfach nur toll.

Ehrlich gesagt: Es war auch wichtig etwas für unsere Kleinen zu tun. Wir wollten ja unbedingt vermeiden, dass junge Familien unsere Region verlassen und sich woanders niederlassen. So haben wir es geschafft auch die nächsten Winzergenerationen zu halten.

 

Es gibt jetzt sogar eine Ganztagsbetreuung für die ganz Kleinen in Rech. Wer hätte das noch vor wenigen Jahren gedacht?!

 

Wir schweifen mit unserem Blick weiter nach rechts. Da tummeln sich mittags schon einige Touristen in der neuen Weinlaube in Rech. Der neue „place to be“. Es ist mittlerweile ein überdachter romantischer Weinplatz mit bestem Blick in die Weinberge entstanden.

 

Hier haben sich die Weingüter zusammengeschlossen und betreiben abwechselnd den Weinplatz. Es stehen Weine von allen Weingütern auf der Karte und kleine Speisen von den örtlichen Gastronomen. Alles läuft per Selbstbedienung. Für unsere Gäste, die Ahrtalfans, ist das kein Hindernis.

 

Der Tag heute ist einfach nur herrlich! Ein paar Wolken haben sich vor die brennende Sonne geschoben. Perfektes Trinkwetter – so sagen wir im Ahrtal. Es ist nicht zu heiss und nicht zu kalt.

 

Wir gehen weiter in Richtung Mayschoss und begutachten die Weinberge in der Steillage „Recher Herrenberg“. Die Reben wachsen 1A und der neue Jahrgang hängt schon zärtlich an den Stöcken. Nicht mehr lange dann steht der Herbst vor der Tür.

 

Alle Winzer blicken mit Spannung auf die bevorstehende Weinlese. Das Wetter war bisher top, die Ernte wird bombe. Da sind sich alle sicher. Die Trauben werden mittlerweile zentral abgegeben und verarbeitet. Auch hier haben sich die Winzer zusammengeschlossen und nutzen ihre wertvollen Synergien.

 

Wir gehen weiter. Auf dem Rotweinwanderweg treffen wir beim WeAhrFamily Fest auf Jung und Alt. Alles Ahrtalfans, die ihren Sonntag in einer schönen Umgebung verbringen wollen. Könnte man meinen.

 

Doch die heutigen Besucher sind nicht unbekannt. Viele der Gesichter kennen wir. Wir kennen sie aus der schweren Zeit. Es waren eigentlich Fremde. Doch diese Fremden sind zu Freunden geworden. Sie haben uns unterstützt, unsere Tränen getrocknet und uns Mut zugesprochen. Von überall kommen sie her. Unsere Helfer in der Not.

 

Insbesondere wird für sie dieses jährliche Fest ausgerichtet. Unsere neue Tradition an der Ahr.

 

Regionale Gastronomen verwöhnen die Besucher mit ihren Köstlichkeiten. Es gibt natürlich leckeren Ahrwein für die Erwachsenen. Die Kinder schlürfen ihren Traubensaft.

 

Die Gespräche sind herzlich und lustig. Es kommen kaum „Wisst-ihr-noch?“-Geschichten auf den Tisch. Es wird eher ausgelassen gefeiert, gesungen und getrunken. Alle sind positiv gestimmt und freuen sich über das Glück mit dem Wetter. Zum 4. Mal infolge lacht an diesem Tag im Jahr die Sonne über dem Ahrtal.

 

Wir leeren mit unseren neuen Freunden viele Flaschen Ahrwein und feiern bis tief in die Nacht oberhalb der Dörfer-Skyline.

 

Übernachten können unsere Gäste im neu errichteten Wander- und Weinhotel, das auch Übernachtungen für nur eine Nacht zulässt.

 

Am nächsten Tag wachen wir etwas zerknautscht mit Kopfschmerzen auf. Wir wissen aber, dass der körperliche Schmerz schnell wieder vergehen wird. Wir freuen uns auf das Fest im nächsten Jahr!